Veronika Patočková, Mitbegründerin und Vorstandsmitglied von RomaTrial e.V. sowie wissenschaftliche Co-Leiterin des Bildungsprogramms gegen Antiziganismus „WIR SIND HIER!“, hat die Erklärung im Namen des Bündnisses unterschrieben. Für den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat der Vorsitzende, Romani Rose, unterschrieben, für die Kultusministerkonferenz die aktuelle Präsidentin, Ministerin Karin Prien. Jana Mechelhoff-Herezi, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Leiterin der Erinnerung an Sintiund Roma bei der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, die ebenfalls für das Bündnis hätte unterzeichnen sollen, konnte krankheitsbedingt nicht teilnehmen.
Das Bündnis für Solidarität mit den Sinti und Roma Europas, ein 2015 durch RomaTrial und die Stiftung Denkmal ins Leben gerufener Zusammenschluss von Zivilgesellschaft und Selbstorganisationen von Sinti* und Roma*, begrüßt als Initiator die heute unterzeichneten Bildungsempfehlungen. Es betrachtet sie als großen Erfolg seines Wirkens und vor allem als einen ersten großen Meilenstein auf dem Weg zur besseren Bildung über die Geschichte und Gegenwart von Roma und Sinti. Das Bündnis erhofft, dass diese Empfehlungen möglichst bald verpflichtend in den Lehrplänen und der Lehrpraxis der Bundesrepublik umgesetzt werden. Das Bündnis regt an, dass ihre Anwendung im Sinne der Nachhaltigkeit regelmäßig durch die KMK überprüft wird.
as Ziel dieser gemeinsamen Erklärung ist, dass Sinti* und Roma* als Angehörige der deutschen und europäischen Gesellschaften, als integraler Teil der deutschen und europäischen Geschichte und Kulturgeschichte im Schulunterricht thematisiert werden. Die Geschichte der Sinti und Roma darf nicht ausschließlich als eine der Ausgrenzung und der Verfolgung behandelt werden. Es ist wichtig, auf die kulturellen und politischen Beiträge einzugehen, auch in ihrer Bedeutung für die Demokratiegeschichte Deutschlands. Von zentraler Bedeutung ist die Auseinandersetzung mit dem Antiziganismus – weswegen die Verfasser*innen anstreben, dazu eine gesonderte Empfehlung zu erarbeiten.
Zu den wichtigsten empfohlenen Maßnahmen der Bildungsverwaltung und der Bildungspolitik gehören:
- Ergänzungen zu bzw. Konkretisierungen von Lehrplänen aller Schulstufen und Schulformen, um die Geschichte und Gegenwart von Sinti* und Roma* in der schulischen Bildung zu verankern und damit das Thema prüfungsrelevant zu machen,
- die Vermittlung von Wissen über die Geschichte und Gegenwart von Sinti* und Roma* aus antiziganismuskritischer Perspektive in der Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte,
- Sensibilisierung von Schulleitungen für die Bedeutung dieses Themas,
- Verankerung des Themas in den Programmen der staatlichen Fortbildungsinstitute, auch in Zusammenarbeit mit Fortbildungsangeboten der Zivilgesellschaft und der Hochschulen,
- Ermutigung von Schulbuchverlagen und Autor*innen anderer Bildungsmedien, ihre bisherigen Beiträge zum Thema einer kritischen Analyse zu unterziehen, auf Quantität und Qualität hin zu überprüfen und für Neuauflagen entsprechend aufzubereiten.
Die folgenden Empfehlungen sollen direkt in den Schulen umgesetzt werden: - Behandlung der Geschichte und Kulturen von Sinti* und Roma* im Unterricht – etwa in Fächern der historisch-politischen Bildung sowie im Religions- und Ethikunterricht, aber auch in sprachlichen, literarischen und künstlerischen Fächern,
- Begegnungen mit Perspektiven von Sinti* und Roma, Aufbau von Begegnungsprogrammen, Einladungen von Sinti und Roma* als Expert*innen in den Unterricht sowie für Fortbildungen,
- Einbeziehen von Angehörigen der Minderheit, ihren Selbstorganisationen und Netzwerken als kompetente Partner*innen bei der Behandlung des Themas im Unterricht,
- Besuche von außerschulischen Lernorten Begegnungsorten, Dokumentationszentren, Archiven, Ausstellungen, Museen und Gedenkstätten.
Wir begrüßen den Abschluss der Gemeinsamen Erklärung ausdrücklich und hoffen, dass sie zur Schließung einer gravierenden Bildungslücke in Deutschland beiträgt.
Die Erklärung ist hier in voller Länge zu finden: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2022/2022-12-12_gem-Erklaerung-Sinti-Roma.pdf